Übungen

Der wahre Preis der Kleidung

„Der größte Fehler ist, gar nichts zu tun, weil man nur wenig tun kann.“

Edmund Burke 
irisch-britischer Schriftsteller und Politiker (1729–1797)

Überblick

Themen
  • Globalisierung
  • Umwelt
  • Politische Partizipation
Komplexität

Stufe 3

Gruppengröße

Beliebig (in Kleingruppen: 5-8 Personen)

Zeit

Teil 1: 45 Minuten
Teil 2: variabel
Teil 3: variabel

Überblick

In dieser Übung geht es um die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Kosten eines Baumwoll-T-Shirts. Die Teilnehmer*innen führen eine Aktion zu den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen durch.

Fokus
  • Das Recht auf angemessene Arbeitsbedingungen und gewerkschaftliche Organisation
  • Das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard
  • Das Recht auf eine sichere und gesunde Umwelt
Ziele
  • Für die globalisierte Textilindustrie und den wahren Preis unserer Kleidung sensibilisiert werden
  • Informationen analysieren sowie Aktionen planen und umsetzen lernen
  • Kreativität, Fantasie und praktisches Engagement entwickeln
Materialien
  • Flipchart und Marker
  • Arbeitsblatt
Vorbereitung
  • Kopieren Sie das Informationsblatt je 1x pro Person

Durchführung

Anleitung

Teil 1: Die Probleme beleuchten
  1. Erläutern Sie der Gruppe, dass sie sich heute eingehend mit ihrer Kleidung und den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen ihrer Kaufentscheidungen befassen wird.
  2. Die Teilnehmer*innen (TN) versuchen anhand der Marken beziehungsweise Etiketten ihrer T-Shirts oder Pullover zu recherchieren, wo sie hergestellt wurden. Was haben sie gekostet? Bitten Sie die TN, die Kosten anonym auf einen Zettel zu schreiben. Notieren Sie anschließend alle Herkunftsländer und Preise in einer Tabelle auf dem Flipchart.
  3. Fragen Sie, ob Geld das einzige Kaufkriterium ist. Verteilen Sie dann die Informationsblätter „Der wahre Preis der Baumwolle“ und „Der wahre Preis eines Baumwoll-T-Shirts“ und geben Sie 5 Minuten Zeit zum Lesen. Tragen Sie anschließend in einem Brainstorming Probleme zusammen, die die TN mittels der Informationen identifizieren, zum Beispiel Arbeitnehmerrechte einschließlich Kinderarbeit, Ressourcenverbrauch (Wasser und Kraftstoffe), Umweltschäden durch Pestizide und andere Gifte sowie die Folgen der Globalisierung.
  4. Tragen Sie anschließend in einem Brainstorming Probleme zusammen, die die TN mittels der Informationen identifizieren, zum Beispiel Arbeitnehmerrechte ein- schließlich Kinderarbeit, Ressourcenverbrauch (Wasser und Kraftstoffe), Umwelt- schäden durch Pestizide und andere Gifte sowie die Folgen der Globalisierung.
  5. Fragen Sie die TN, was für ein Gefühl sie angesichts dieser Informationen beim Kauf eines T-Shirts haben. Was können sie gegen die Menschenrechtsverletzungen unternehmen? Tragen Sie ihre Ideen in einem Brainstorming zusammen, zum Beispiel besser auf Kleidungsstücke achtgeben, damit sie nicht so schnell kaputt gehen; zukünftig nur noch T-Shirts aus fairem Handel kaufen oder eine Kampagne am Wohnort starten, um Gleichaltrige für die Probleme zu sensibilisieren. Besprechen Sie, welche Ideen sie am liebsten weiterverfolgen würden. Lassen Sie sie weiterrecherchieren und überlegen, welche ihrer Ideen umsetzbar sind.
Teil 2: Sich für Aktionen entscheiden
  1. Die TN sollen ihre Recherchen rekapitulieren, ihre Ideen weiterentwickeln und sich einigen, welche Aktionen sie in Angriff nehmen wollen.
  2. Bilden Sie zu jeder Aktionsform eine Kleingruppe, die einen kurzen Vorschlag mit folgenden Punkten grob skizzieren soll:
    1. Klare Ziele
    2. Beschreibung der vorgeschlagenen Aktivitäten (Konzerte, TV- oder Radiosendungen, Straßentheater, Flugblätter verteilen, Boykott etc.), jeweils mit Begründung
    3. Zeitplan für die Vorbereitung und Umsetzung der Aktion
    4. Die Orte, wo die Aktion stattfinden soll (Schulen, öffentliche Gebäude etc.)
    5. Kostenschätzung und benötigte Mittel
  3. Jede Gruppe stellt ihren Entwurf vor. Die anderen kommentieren und machen Verbesserungsvorschläge.
Teil 3: Umsetzung
  1. Einigen Sie sich mit den TN, ob sie in der Gruppe als Ganzes oder in Kleingruppen arbeiten möchten.
  2. Besprechen Sie nach Beendigung der Aktion oder Kampagne, wie sie gelaufen ist und was die Gruppe erreicht hat.

Nachbereitung und Auswertung

Nach Teil 1:

  • Sind die entscheidenden Kosten (Umwelt, Arbeitsbedingungen) mit Geld zu bezahlen? Warum (nicht)?
  • Wie hoch ist der soziale, wirtschaftliche und ökologische Preis? Wiegt einer schwerer als die anderen? Welche Menschenrechte werden verletzt?
  • Was sollte passieren, wenn ein Staat nicht willens oder in der Lage ist, Menschen vor nachteiligen Menschenrechtsauswirkungen durch Unternehmenshandeln zu schützen?
  • Welche Regelungen sollten Staaten des Globalen Nordens (unter anderem Deutschland, Österreich oder Schweiz) ihren Textilunternehmen auferlegen, damit die Produktionsbedingungen in Bangladesch und anderen Staaten des Globalen Südens menschenrechtskonform werden?
  • Wie viel wären die TN bereit, für ein T-Shirt zu bezahlen?
  • Was macht eine gute Kampagne aus?
  • Glauben die TN, dass Institutionen, die sich für Arbeiterrechte engagieren, zum Beispiel NGOs, internationale Organisationen, Organe der Vereinten Nationen und Anti-Globalisierungskampagnen, etwas verändern? Warum (nicht)?

Nach Teil 2:

  • Wie schwierig war es, sich auf einen Aktionsplan zu einigen? Sind alle einverstanden mit der Art der Entscheidungsfindung in den Kleingruppen? Warum (nicht)?
  • Warum hat sich die Gruppe für die jeweilige Aktion entschieden?
  • Haben alle das Gefühl, eingebunden zu sein? Warum (nicht)?
  • Welche Menschenrechtsverletzungen nehmen die verschiedenen Gruppen ins Visier?


Nach Teil 3:

  • Wie ist die Aktion oder Kampagne gelaufen? Lief die Planung gut? Warum (nicht)?
  • Was sollten sich die TN fürs nächste Mal merken?
  • Fühlten sich alle einbezogen und konnten sie ihre Fähigkeiten einbringen? Wenn nicht, warum nicht? Und was könnte das nächste Mal besser gemacht werden?
  • Was haben die TN sonst noch aus der Übung und der Aktion gelernt?

Tipps für die Moderation

Einführung

Bereiten Sie sich gut vor. Einen umfassenden Überblick über verschiedene Aktionsformen und deren Organisation finden Sie im Abschnitt über Aktionen in Kapitel 3 „Aktiv werden für Menschenrechte“ (PDF, 1 MB). In Kapitel 5 „Globale Themen im Menschenrechtsschutz“ (PDF, 4,5 MB) - „Partizipation“, ist außerdem Harts Stufenmodell der Partizipation beschrieben.

Transnationale Unternehmen haben im Laufe der Globalisierung stetig an Macht und Einfluss gewonnen. Sie nutzen komplexe Liefer- und Wertschöpfungsketten, manche haben rein profitorientierte Geschäftsmodelle, andere handeln ohne Bewusstsein menschenrechtlicher Gefährdungen. Insgesamt ist so das Risiko gestiegen, dass Unternehmen Menschenrechte verletzen. Staaten ihrerseits ergreifen oft keine ausreichenden Gegenmaßnahmen, da sie miteinander um günstige Standortbedingungen wetteifern.

Um Unternehmen zu menschenrechtskonformem Handeln zu verpflichten, haben die Vereinten Nationen die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte entwickelt Sie wurden im Juni 2011 einstimmig vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen angenommen. Die UN-Leitprinzipien bestehen aus drei Säulen.Die erste Säule betont die völkerrechtliche Verantwortung des Staates, die Menschenrechtezu schützen und umzusetzen: Staaten haben eine Schutzverpflichtung allen Personen gegenüber, die auf ihrem Territorium leben. Die zweite Säule beschreibt eine eigenständige Verantwortung von Unternehmen. Sie sollen mit der gebotenen Sorgfalt sicherstellen, dass Menschenrechte in allen ihren Aktivitäten beachtet werden. Die dritte Säule rückt die Betroffenen und ihr Recht auf Abhilfe in den Vordergrund. Staat und Unternehmen müssen Beschwerdemechanismen einrichten, an die sich Betroffene wenden können und die im Schadensfall eine angemessene Wiedergutmachung garantieren.

Weitere Informationen über transnationale Konzerne finden Sie in Kapitel 5 „Globale Themen im Menschenrechtsschutz“ (PDF, 4,5 MB) - „Globalisierung“.

Es kann sensibel sein, über Geld zu sprechen und darüber, wieviel Geld für Kleidung den TN zur Verfügung steht. Schließlich möchte niemand dafür ausgelacht oder stigmatisiert werden, dass die Person nur wenig Geld zur Verfügung hat oder  für bestimmte Statussymbole wie Kleidung nicht viel Geld ausgeben möchte. Sammeln Sie daher die Information darüber, wieviel die Kleidung gekostet hat oder kosten sollte, möglichst anonym ein. In der Argumentation wird sicherlich auch das zur Verfügung stehende Geld eine Rolle spielen, dies kann aber losgelöst von den individuellen Verhältnissen der TN thematisiert werden.

Informieren Sie sich über die Aktionen der Clean Clothes Campaign in Ihrem Land und überlegen Sie, deren bereitgestellte Arbeitsmaterialien zu nutzen. Beispielsweise macht es mehr Sinn, ein Kampagnenvideo auf die Website oder im Blog der Gruppe einzustellen, als selbst öffentlichkeitswirksame Materialien zu produzieren.

Varianten

Sie können Teil 1 der Übung weiterentwickeln, um die TN anzuregen, sich noch eingehender mit dem wahren Preis zu beschäftigen.

  1. Beginnen Sie mit der Frage, was die T-Shirts der Gruppenmitglieder gekostet haben, sammeln Sie die Angaben anonym per Zettel und einigen Sie sich auf einen durchschnittlichen Preis.
  2. Bitten Sie dann die TN, anhand der Marken ihrer T-Shirts auf den Webseiten der Bekleidungsfirmen oder den hier genannten Websites zu recherchieren, woher die Shirts kommen.
  3. Anschließend stellen die TN in Kleingruppen eine Liste aller Produktionsschritte vom Baumwollanbau bis zum Verkauf des T-Shirts im Geschäft zusammen.
  4. Vergleichen Sie die Listen im Plenum und erstellen Sie eine gemeinsame Liste, in der die verschiedenen Elemente unter Überschriften wie Transport, Arbeitskosten, Energieverbrauch etc. zusammengefasst werden.
  5. Dann finden sich die Kleingruppen wieder zusammen und versehen jedes Element mit einem Preis, zum Beispiel den Baumwollanbau, die gesamten Arbeitskosten, den Transport etc.
  6. Diskutieren Sie anschließend die Schätzungen im Plenum.
  7. Verteilen Sie zum Schluss das Informationsblatt und bitten Sie um Kommentare.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Sie könnten zum Beispiel Fair-Trade-Aspekte bei Sportbekleidung untersuchen.

Vielleicht möchte die Gruppe über Probleme im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen recherchieren. Auf der Website des Deutschen Instituts für Menschenrechte finden Sie umfassende Informationen dazu, unter anderem zu den UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Wenn sich die Gruppe weiter mit sozialen Rechten und insbesondere Arbeitnehmerrechten beschäftigen möchte, können Sie die Übung „Ashiques Geschichte“ anschließen, in der es um Kinderarbeit geht. Wurde das Thema faire Sportbekleidung diskutiert und wollen sich die Teilnehmer*innen mit Menschenrechtsfragen im Bereich des Sports beschäftigen, dann können Sie mit der Übung „Nur eine Minute“ weiterarbeiten.

Ideen zum Handeln

Setzen Sie die begonnene Arbeit fort, indem Sie sich mit anderen Interessengruppen vor Ort zusammentun und den Internationalen Tag des Fairen Handels begehen. Bei der Organisation World Fair Trade finden Sie dazu reichlich Inspiration. Sie können das Wissen und die Erfahrung aus der bisherigen Arbeit für ein weiteres Thema nutzen, das die Gruppe interessiert. Im Lauf des Jahres gibt es zahlreiche Gelegenheiten, mit anderen zusammen für Menschenrechtsprobleme zu sensibilisieren, zum Beispiel für Frauenrechte am 8. März, dem Internationalen Tag der Frau; für Flüchtlinge am 20. Juni und für Menschenrechte allgemein am 10. Dezember.

Weitere Informationen

Viele Organisationen engagieren sich für faire Produktion und fairen Handel. Suchen Sie im Internet nach lokalen Akteuren. Die folgenden Organisationen haben Partner in vielen europäischen Ländern:

  • Die Kampagne „Change Your Shoes“ ist eine Initiative von 18 Menschenrechtsund Arbeitsrechtsorganisationen, die sich für eine ethische und nachhaltige Schuhlieferkette einsetzen
  • Bei Organic Consumers Association finden Sie den Artikel: „Did child labour make your shirt? (Wurde Ihr T-Shirt von Kindern hergestellt?)“
  • Der Bericht der Environmental Justice Foundation „Children behind our cotton“ (Die Kinder hinter unserer Baumwolle) zeigt detailliert die schockierenden Bedingungen, die schätzungsweise mehr als eine Million Kinder – manche erst fünf Jahre alt – erdulden müssen. Sie arbeiten zwölf Stunden täglich in extremer Hitze oder Kälte, viele von ihnen sind körperlicher, verbaler und sexualisierter Gewalt ausgesetzt.
  • Die Fair Wear Foundation setzt sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie ein

Arbeitsblätter

Video: Die Textile Kette - Reise eines Billigshirts

Menschenrechtszentrum Nürnberg

Video: Quarks - Warum die Textilindustrie Mensch und Umwelt schadet

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