Übungen

Flower-Power

„Alle Blumen aller Morgen schlummern in den Samenkörnern von heute.“

Indisches Sprichwort 

Überblick

Themen

Menschenrechte allgemein

Komplexität

Stufe 2

Gruppengröße

Beliebig (in Kleingruppen: 3-4 Personen)

Zeit

80 Minuten

Überblick

In dieser Übung entsteht eine Blumenwand als Sinnbild für die Vielfalt der Gruppe. Die kreative Übung mündet in eine allgemeine Diskussion über Menschenrechte: was sie sind, warum sie existieren und wie wir sie schützen sollten.

Fokus

Alle Menschenrechte

Ziele
  • Den Zusammenhang zwischen menschlichen Bedürfnissen, persönlichem Wohlergehen und Menschenrechten verstehen
  • Reflexions- und Analysefähigkeit lernen
  • Solidarität und die Anerkennung der Vielfalt fördern
Materialien
  • Eine leere Wand, auf der alle Zeichnungen Platz finden
  • Je 1 Kopie des Arbeitsblatts pro Person
  • Je 1 Bleistift pro Person sowie einige Radiergummis und farbige Marker
  • Klebeband zum Aufhängen der Bilder an der Wand
  • Flipchart und Marker
Vorbereitung
  • Kopieren Sie das Arbeitsblatt je 1x pro Person

Durchführung

Anleitung

Diese Übung entwickelt sich zu einer Diskussion über Menschenrechte, aber zunächst denkt die Gruppe darüber nach, was es heißt, ein Mensch zu sein.

Teil 1. Was bedeutet es, ein Mensch zu sein?
  1. Erläutern Sie, dass einige Bedürfnisse erfüllt werden müssen, um sich wirklich als Mensch zu fühlen. So brauchen wir nur für das bloße Überleben Nahrung und Wasser, Schlaf und Luft zum Atmen. Darüber hinaus haben wir folgende Bedürfnisse: persönliche und finanzielle Sicherheit und gute Gesundheit. Außerdem brauchen wir Liebe und Gemeinschaft: Freundschaft, Beziehungen und eine Familie. Wir brauchen auch Wertschätzung: Akzeptanz und Anerkennung durch andere, das Gefühl, unser ganzes Potenzial entfalten zu können, und persönliche Erfüllung.
  2. Alle Teilnehmer*innen (TN) sollen jeweils für sich eine Blume malen, die ihre persönlichen Bedürfnisse als Mensch darstellt. Die Blume soll acht Blütenblätter haben. Die Größe der einzelnen Blütenblätter soll sich danach richten, welche Bedeutung das entsprechende Bedürfnis zum jetzigen Zeitpunkt für die jeweilige Person hat. Zeichnen Sie zur Erläuterung ein Beispiel auf das Flipchart, aber betonen Sie, dass es sich nur um ein Beispiel handelt – jede Blume sieht anders aus. Die Blütenblätter heißen:
    1. Grundbedürfnisse
    2. Persönliche Sicherheit
    3. Finanzielle Sicherheit
    4. Gesundheit
    5. Freundschaft
    6. Familie
    7. Wertschätzung
    8. Persönliche Erfüllung
  3. Verteilen Sie Papier, Stifte und farbige Marker und lassen Sie die TN ihre persönliche Blume in die Mitte des Blatts zeichnen. Außen herum sollte noch Platz bleiben. Erklären Sie, dass es keine richtigen oder falschen, guten oder schlechten „Antworten“ gibt: Jede Blume ist einzigartig. Kündigen Sie an, dass sie keinen Namen auf ihr Blatt schreiben sollen. Geben Sie ihnen 10 Minuten Zeit.
  4. Nun sollen die TN über die Bedingungen nachdenken, die herrschen müssen, damit sie als Mensch wachsen und gedeihen und sich voll entfalten können. Bitten Sie sie, um die Blume herum Blätter zu zeichnen, die für diese Bedingungen stehen, und sie mit entsprechenden Stichworten zu beschriften. Geben Sie dafür 10 Minuten Zeit.
  5. Wer mag, kann am Schluss für eine Ausstellung seine Arbeit an die Wand hängen.
Teil 2. Der Zusammenhang zwischen menschlichen Bedürfnissen und Menschenrechten
  1. Lassen Sie den TN zunächst etwas Zeit, um die Blumen zu betrachten. Dann werden Kleingruppen zu 3 bis 4 Personen gebildet, die über die folgenden Fragen diskutieren sollen:
    1. Gibt es Anknüpfungspunkte zwischen den Menschenrechten und den Blumen und Blättern? Wenn ja, welche?
    2. Sind Menschenrechte wichtig? Warum?
    3. Was bedeutet der Begriff „Menschenrechte“?
  2. Bitten Sie jede Kleingruppe um ihr Feedback und gehen Sie dann zur Nachbereitung und Auswertung über.

Nachbereitung und Auswertung

Sprechen Sie zunächst kurz über die Übung und gehen Sie dann zur Besprechung der Kleingruppendiskussionen über. Ermitteln Sie, was die TN über Menschenrechte gelernt haben:

  • Hat die Übung Spaß gemacht? Warum (nicht)?
  • War es schwierig, die Größe der Blütenblätter zu bestimmen? Sind für ein erfülltes Leben alle acht Bedürfnisse wichtig?
  • Gibt es noch andere Bedürfnisse, die durch die Blütenblätter nicht abgedeckt sind, sollten also weitere Blütenblätter ergänzt werden?
  • Hat jemand etwas in die Mitte der Blume geschrieben?
  • Finden die TN manche Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Blütenblättern überraschend? Was sagt das über die Menschen?
  • Was passiert, wenn Blütenblätter beschädigt werden (Bedürfnisse also nicht erfüllt werden)? Was ist für den Schutz der einzelnen Blütenblätter nötig? Was haben die Gruppenmitglieder auf die Blätter geschrieben?
  • Hat das, was auf den Blättern steht, etwas mit der Idee der Menschenrechte zu tun?
  • Was haben die TN über ihr Menschsein gelernt? Wie hängt dies mit Menschenrechten zusammen?
  • Sind manche Menschenrechte wichtiger als andere? Für wen? Wann? Wo?
  • Was können wir tun, um die Menschenrechte bestmöglich zu schützen?
  • Gibt es Bedürfnisse, die von keiner Menschenrechtskonvention abgedeckt werden?

Tipps für die Moderation

Einführung

Die Blume am Ende der Übung ist nur als Beispiel gedacht. Betonen Sie, dass alle selbst entscheiden müssen, wie groß ihre Blütenblätter jeweils sein sollen. Auch die Farben für die verschiedenen Teile der Blume können individuell ausgewählt werden.

Machen Sie nicht auf die Mitte der Blume aufmerksam, sondern warten Sie ab, ob im Verlauf der Übung der Gedanke auftaucht, dass es etwas von zentraler Bedeutung geben könnte. Warten Sie ebenso ab, ob vielleicht noch weitere Blütenblätter hinzukommen, zum Beispiel kulturelle Sicherheit, Wahlfreiheit in allen Aspekten des Lebens, Verteilungsgerechtigkeit, Partizipation, Identität, Religion oder Weltanschauung. Sprechen Sie in jedem Fall über die Zusammenhänge zwischen dem Bedürfnis, den Folgen, wenn es unbefriedigt bleibt, der Notwendigkeit, dass es befriedigt wird, und wie es durch Menschenrechtskonventionen und -dokumente geschützt wird.

Bei Schritt 4 müssen Sie vielleicht ein paar Hilfestellungen geben. Weisen Sie zum Beispiel darauf hin, dass die Blätter mithilfe von Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid Nahrung für die Blume produzieren, und dass für die „Ernährung“ beispielsweise der finanziellen Sicherheit ein Arbeitsplatz, ein Bankensystem und Gewerkschaften gebraucht werden. Natürlich können Sie das Recht auf Arbeit nach Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) hinzufügen, aber es ist besser, wenn die TN den Bezug zu den Menschenrechten selbst herstellen.

Es ist wichtig, die Verknüpfung zwischen menschlichen Bedürfnissen und Menschenrechten herzustellen und aufzuzeigen, dass die Menschenrechte das Fundament einer Welt bilden, in der die Bedürfnisse aller befriedigt werden. Diskutieren Sie zum Beispiel mit der Gruppe über die Präambel der AEMR. Sie beginnt mit den Begriffen der Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen als Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt.

Machen Sie auch deutlich, dass Menschenrechte in erster Linie den Staat verpflichten. So kann es kein Menschenrecht auf Liebe oder auf Freundschaft geben, da sich die Menschen selbst finden und entsprechende Gefühle füreinander entwickeln müssen. Der Staat kann aber – auch durch menschenrechtliche Verpflichtungen entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, etwa das Recht auf Eheschließung und freie Wahl des*der Partner*in etc.

Bei der Diskussion, ob manche Menschenrechte wichtiger sind als andere, sollte klar werden, dass dies individuelle Sichtweisen sind. Zu Fragen der Unteilbarkeit und Schwierigkeit bei der Gewichtung von Rechten vergleiche Kapitel 4 „Menschenrechte verstehen“ (PDF, 506 KB).

Varianten

Sie können diese Übung abkürzen, indem Sie zunächst die Schritte 1 bis 4 vollziehen und dann mit der ganzen Gruppe allgemein über Menschenrechte diskutieren. Dies eignet sich für jüngere Gruppen, für die es möglicherweise schwierig ist, mit Konzepten zu arbeiten. Manche verstehen vielleicht nicht, dass sich die Größe der Blütenblätter nach dem Bedeutungsgrad richten soll. Einigen erscheint die Verknüpfung mit Menschenrechten vielleicht ziemlich abstrakt.

Sie können die Übung ausweiten, indem Sie fragen, welche Bedürfnisse, die in der Übung erkannt wurden, durch welche Menschenrechte geschützt werden. Verwenden Sie dazu die Zusammenfassung der AEMR.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Schlagen Sie der Gruppe ein Rechercheprojekt vor: Wie haben sich die Menschenrechte historisch entwickelt (vergleiche Kapitel 4 „Menschenrechte verstehen“ (PDF, 506 KB)  - „Die Entwicklung der Menschenrechte“)?

Wenn das Gespräch über die wichtigen Dinge im Leben Anklang gefunden hat, kann es interessant sein, sich anhand der Übung „Gläubige“ mit Überzeugungen und Glauben zu beschäftigen. Eine Alternative dazu wäre die Aktivität „Rechte- Bingo“, in der es um den Zusammenhang zwischen dem persönlichen Alltag und den Menschenrechten geht. Die Übung „Finger und Daumen“ bietet Gelegenheit, sich mit dem Recht auf eine saubere Umwelt auseinanderzusetzen.

Ideen zum Handeln

Schlagen Sie vor, diese Übung im Familien- und Freundeskreis zu machen und ein Gespräch über Menschenrechte zu beginnen.

Weitere Informationen

Der dieser Übung zugrundeliegende Gedanke, dass Bedürfnisse befriedigt werden müssen, um sich als Mensch voll entfalten zu können, stammt unter anderem aus den Arbeiten von Maslow. Zu diesen Bedürfnissen gehören zum Beispiel auch sexuelle und spirituelle Bedürfnisse. Zur persönlichen Sicherheit gehören ein Obdach – ein Heim, ein „Dach über dem Kopf“ – und das Gefühl, vor Einbruch- und Bandenkriminalität, aber auch vor Krieg und Terrorangriffen sicher zu sein. Finanzielle Sicherheit bedeutet, genügend Geld für einen menschenwürdigen Lebensstandard und ein Sicherheitsnetz für den Fall von Arbeitslosigkeit zu haben. Gesundheit bedeutet gute Gesundheit und Zugang zu Gesundheitsversorgung bei Unfällen oder im Krankheitsfall. Freundschaft umfasst die Möglichkeit, Vereinen und Verbänden beizutreten sowie seinen Freundeskreis und Partner*innen für intime Beziehungen frei wählen zu können. Familie heißt, dass man nicht unfreiwillig von seiner Familie getrennt wird. Wertschätzung bedeutet, sowohl für das, was man ist, als auch für das, was man tut, von anderen respektiert und gewürdigt zu werden. Die Entfaltung des persönlichen Potenzials wird auch „Selbstverwirklichung“ genannt. Das bedeutet, die Person sein zu können, die man sein will, die eigenen Fähigkeiten in vollem Umfang nutzen zu können, Selbstvertrauen zu entwickeln und seinen Platz in der Welt zu finden.

Arbeitsblätter

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