Übungen

Wie weit würdest Du gehen?

„Gewalt zerbricht an sich selbst.“

Laozi 
chinesischer Philosoph im 6. Jahrhundert

Überblick

Themen
  • Gleichberechtigung der Geschlechter
  • Gesundheit
  • Frieden und Gewalt
Komplexität

Stufe 3

Gruppengröße

Beliebig

Zeit

90 Minuten

Überblick

In dieser Übung geht es darum, für Gewaltdynamiken in Liebesbeziehungen zu sensibilisieren, Gewalt zu erkennen, eigene Grenzen wahrzunehmen und sich Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten.

Fokus
  • Das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit
  • Das Recht auf Schutz vor Folter und erniedrigender Behandlung
Ziele
  • Reflexion von Verhalten in Beziehungen
  • Toleranz und Verantwortungsbewusstsein entwickeln
  • Strategien zum konstruktiven Umgang mit Gewalt entwickeln
Materialien
  • (laminierte) Umrisse von Füßen oder Schuhsohlen aus Pappe
  • Flipchart und Marker

Durchführung

Anleitung

Je nach Gruppengröße brauchen Sie für diese Aktivität viel Platz. Die Teilnehmer*innen (TN) bekommen nach dem Brainstorming je eine Pappe in Form eines Fußes oder Schuhs und sollen sich in einer Reihe nebeneinander aufstellen. Vor ihnen sollte ausreichend Platz sein, um Schritte vorwärts zu gehen.

  1. Erklären Sie der Gruppe, worum es in dieser Übung geht und dass es wichtig ist, die anderen TN respektvoll und ihre Äußerungen vertraulich zu behandeln. Niemand soll in dieser Übung unter Druck gesetzt werden, etwas zu sagen, was ihm oder ihr unangenehm ist. Jede Person entscheidet für sich.
  2. Machen Sie ein Brainstorming dazu, was für die Gruppe eine gute zwischenmenschliche Beziehung kennzeichnet und welche Aspekte darauf hinweisen können, dass ein Ungleichgewicht in der Beziehung besteht, die Freiheit einer Person eingeschränkt wird oder Gewalt droht beziehungsweise sogar ausgeübt wird.
  3. Bitten Sie nun die TN, sich nebeneinander in einer Reihe aufzustellen und geben Sie jeder Person einen Fuß aus Pappe.
  4. Erklären Sie, dass Sie nun eine Geschichte vorlesen werden, in der sich zwei Jugendliche kennenlernen. Sie werden Szenen aus ihrem Alltag beschreiben, die Auskunft darüber geben, wie sich ihre Beziehung entwickelt.
  5. Die Geschichte ist in 18 Abschnitte geteilt. Nach jeder Szene werden Sie eine kurze Pause machen, in der Sie die TN bitten, still für sich zu überlegen, ob das Verhalten zwischen den Personen ihrer Meinung nach ok ist. Wer dem zustimmt, soll einen Schritt nach vorne gehen. Für wen das geschilderte Verhalten dagegen nicht in Ordnung ist, soll den Pappfuss an der Stelle auf den Boden legen, an dem er oder sie gerade steht und sich zurück auf den Platz begeben.
  6. Wenn Sie die Geschichte zu Ende gelesen haben beziehungsweise wenn alle TN „ausgestiegen“ sind, können Sie zur Auswertung übergehen.

Nachbereitung und Auswertung

Beginnen Sie die Auswertung mit einem Rückblick auf die Geschichte:

  • Bitten Sie die TN zu schildern, wie die Geschichte auf sie gewirkt hat und welche Gedanken ihnen durch den Kopf gegangen sind, die sie mit den anderen teilen möchten.
  • Wahrscheinlich sind Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgestiegen, welche Gründe könnte es dafür geben?
  • Welche der geschilderten Szenen und Verhaltensweisen gehören für die TN zu einer guten Beziehung dazu? Bei welchen Szenen entsteht ein ungutes Gefühl und welche sind für sie nicht mehr akzeptabel? Möchte die Gruppe das Brainstorming vom Beginn der Übung ergänzen?
  • Welche Menschenrechte werden in dieser Übung thematisiert?
  • Was würden die TN den Personen in der Geschichte raten? Wie könnten die Szenen gewaltlos, respektvoll und gleichberechtigt gelöst werden?
  • An welchen Stellen könnten Unterstützungsangebote sinnvoll sein? Wer könnte diese anbieten? Kennen die TN Institutionen, die Hilfe anbieten?

Tipps für die Moderation

Einführung

Diese Übung bietet Gelegenheit, sich über Dynamiken in Liebesbeziehungen auszutauschen, eigene Beziehungserfahrungen und Verhaltensweisen in Beziehungen zu reflektieren und sich in die Situation des Gegenübers hineinzuversetzen. Jede Person soll selbst entscheiden, wie sehr sie eigene Erfahrungen einfließen lässt und was sie von sich preisgeben möchte. Diese Freiwilligkeit ist ein wichtiger Aspekt, den Sie unbedingt zu Beginn der Übung klarstellen sollten.

Jeder Mensch kann in zwischenmenschlichen Beziehungen Situationen erleben, in denen er sich unwohl fühlt und Gewalt erlebt.

Ziele dieser Übung sind, dass Sie mit der Gruppe erarbeiten, wo Gewalt anfängt und dass Sie die TN für unterschiedliche Formen von Gewalt in Beziehungen sensibilisieren.

Es kann sein, dass sich einzelne Personen in dieser Übung an eigene Erfahrungen erinnern und sie sich unwohl damit fühlen, überfordert reagieren oder den Raum verlassen. Lassen Sie dies zu und thematisieren Sie dies nicht vor der Gruppe. Machen Sie zu Beginn deutlich, dass Sie in solchen Fällen in der Pause oder nach der Übung als Ansprechpartner*in fungieren. Signalisieren Sie Gesprächsbereitschaft in einem geschützten, vertrauensvollen Rahmen. Stellen Sie den TN Informationsmaterial von Beratungsstellen zur Verfügung.

Zu dieser Übung gehört auch, dass die TN erarbeiten, was sie tun können, wenn sie als Außenstehende gewalttätiges Verhalten in Beziehungen beobachten.

Varianten

Besteht eine vertrauensvolle Atmosphäre, lässt sich diese Übung auch schauspielerisch umsetzen. Bitten Sie zwei bis vier Freiwillige, sich eine Szene zu überlegen und in einem kurzen Forumtheater darzustellen. Der Rest der Gruppe schaut zu. Sie können das Rollenspiel in Abständen unterbrechen und das Publikum um Kommentare oder Vorschläge bitten, wie es weitergehen soll. Oder einzelne Zuschauer*innen können direkt eingreifen, die Darstellung übernehmen und einen alternativen Verlauf entwickeln.

Statt mit dem Forum-Theater können sie auch mit dem „Bildertheater“ arbeiten. Diese Methode eignet sich sehr gut, um die Gruppe zum Nachdenken über Gewalt anzuregen: Bitten Sie eine Person als „Bildhauer*in“ mit einigen TN eine Skulptur zu schaffen, zum Beispiel ein Bild oder eine Szene, die eine Gewaltsituation zeigt. Wenn die Skulptur fertig ist, können die anderen Gruppenmitglieder Kommentare dazu abgeben und Fragen stellen. Im nächsten Schritt wird die Darstellung dann in ein positives, gewaltloses Bild von der Situation umgeformt.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Suchen Sie nach Organisationen, die von Gewalt betroffene Personen unterstützen, zum Beispiel Sorgentelefone oder Netzwerke. Kontaktieren Sie diese Organisation und laden Sie eine*n Mitarbeiter*in ein, über die Organisation und ihre Arbeit zu berichten.

Wenn Sie das Thema Frieden und Gewalt weiter behandeln wollen, können Sie sich die Aktivität „Geht's auch anders?“ über Mobbing vornehmen.

Ideen zum Handeln

Die Gruppe kann eine der oben recherchierten Organisationen kontaktieren und überlegen, wie sie sie unterstützen kann.

Weitere Informationen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierte in ihrem 1.Weltbericht Gewalt und Gesundheit (2002) Gewalt folgendermaßen: „Der absichtliche Gebrauch von angedrohtem oder tatsächlichem körperlichem Zwang oder physischer Macht gegen die eigene oder eine andere Person, gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft, der entweder konkret oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklung oder Vernachlässigung führt.“

In der überwältigenden Mehrzahl aller Fälle sind Frauen und Mädchen die Opfer von Misshandlungen und Männer die Täter. Aus diesem Grund hat der Europarat 2011 das „Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt” (die so genannte Istanbul-Konvention) ausgearbeitet, das 2014 in Kraft trat. Darin wird der Begriff „Gewalt gegen Frauen“ als eine Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung der Frau verstanden. Der Begriff bezeichnet alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen können, einschließlich der Androhung solcher Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsentziehung, sei es im öffentlichen oder privaten Leben.

Arbeitsblätter

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