Übungen

Let’s talk about sex – and gender

„Let’s talk about sex; let’s talk about you and me.“

Nach dem Hit des amerikanischen Hip Hop-Trios Salt-n-Pepa 
(1991)

Überblick

Themen
  • Gleichberechtigung der Geschlechter
  • Diskriminierung und Intoleranz
  • Gesundheit
Komplexität

Stufe 4

Gruppengröße

10-15 Personen

Zeit

60 Minuten

Überblick

In dieser Übung wird mit der Fishbowl-Methode gearbeitet, um Einstellungen zu Sexualität, sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität zu untersuchen.

Fokus
  • Das Recht auf Chancengleichheit
  • Schutz vor Diskriminierung
  • Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit
Ziele
  • Über die Themen Sexualität, sexuelle Identität und Geschlechtsidentität und die damit verbundenen Rechte informieren
  • Selbstbewusstsein entwickeln, um die eigene Meinung über die Vielfalt sexueller Orientierungen und Geschlechtsidentitäten auszudrücken
  • Toleranz und Empathie für Menschen fördern, die „anders“ sind
Materialien
  • 3 Stühle
  • Möglichst 2 Personen für die Moderation
  • Ausreichend Bewegungsraum
  • Tafel oder Flipchart und Marker
  • Kleine Zettel und Stifte
  • 1 Hut
Vorbereitung
  • Seien Sie sich bewusst, dass Sexualität für viele Menschen – und für junge Menschen ganz besonders! – ein sehr persönliches und sensibles Thema ist. Gehen Sie davon aus, dass sich in der Lerngruppe (auch ohne Ihre Kenntnis) Personen befinden, die Diskriminierungen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität erlebt haben. Auch wenn die Übung zur kontroversen Diskussion anregen soll, achten Sie darauf, dass keine Diskriminierungen reproduziert werden. Stellen Sie sich darauf ein, die Methode oder das Thema oder auch beides anzupassen!
  • Suchen Sie einige Menschen in den Medien heraus, die sich öffentlich zu ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität (trans- oder intergeschlechtliche Menschen) geäußert haben

Durchführung

Anleitung

  1. Legen Sie das Szenario fest. Erläutern Sie den Teilnehmer*innen (TN), dass die meisten Menschen Sexualität zwar als Privatsache betrachten, es jedoch ein fundamentales Menschenrecht ist, wegen der sexuellen Orientierung nicht diskriminiert zu werden; dieses Recht wird von der Gesetzgebung in den meisten europäischen Ländern geschützt. Die Übung bietet Gelegenheit, Einstellungen gegenüber unterschiedlichen sexuellen Orientierungen zu hinterfragen. Führen Sie zum Aufwärmen ein Brainstorming durch: Tragen Sie berühmte Menschen zusammen, die sich öffentlich zu ihrer Sexualität und Lebensform geäußert haben.
  2. Verteilen Sie Zettel und Stifte und bitten Sie die TN, alle Fragen aufzuschreiben, die sie zu Sexualität, sexueller Orientierung allgemein sowie zu Geschlechtsidentität haben. Die Zettel werden dann in den Hut geworfen. Die Fragen sollen anonym gestellt werden.
  3. Erläutern Sie, dass in dieser Übung Einstellungen zu Sexualität, sexueller Orientierung (insbesondere zu Homosexualität) sowie zu Geschlechtsidentität, (insbesondere Trans- und Intergeschlechtlichkeit) untersucht werden sollen. Alle Anwesenden dürfen ungehindert ihre Meinung äußern, egal ob sie konventionell, unkonventionell oder umstritten ist oder gesellschaftliche Normen herausfordert. Allerdings sollte die Meinung nicht beleidigend geäußert werden oder in einer Form, die die Würde anderer Menschen verletzt. Alle können Argumente und Gegenargumente anbringen, ohne Angst, sich lächerlich oder unbeliebt zu machen.
  4. Stellen Sie drei Stühle in die Mitte des Raums. Die sind für die drei Gesprächspartner*innen in der Fishbowl, dem Innenkreis. Der Rest der Gruppe sitzt als Beobachter*innen im Außenkreis.
  5. Erläutern Sie, dass sich zunächst zwei Freiwillige mit Ihnen in der Fishbowl unterhalten. Wer später mitdiskutieren möchte, kann das tun, aber da in der Fishbowl nur Platz ist für drei Fische, muss erst eine andere Person ausscheiden. Wer sich an der Unterhaltung beteiligen will, soll nach vorne kommen und einer Person in der Fishbowl auf die Schulter tippen. Die beiden tauschen die Plätze und die Person, die ursprünglich am Gespräch beteiligt war, wechselt nun ins Publikum.
  6. Ermuntern Sie die TN, ihre eigene Meinung vorzubringen, oder auch Meinungen, die sie nicht unbedingt teilen. Auf diese Weise können umstrittene, politisch inkorrekte oder undenkbare Ansichten vertreten und aus unterschiedlichen Perspektiven vertieft diskutiert werden. Unterstreichen Sie, dass auf einzelne Gruppenmitglieder gemünzte beleidigende oder verletzende Kommentare verboten sind.
  7. Eine freiwillige Person zieht eine Frage aus dem Hut und beginnt mit der Diskussion. Lassen Sie die Diskussion laufen, bis das Thema erschöpft ist.
  8. Bitten Sie dann drei weitere Freiwillige, eine neue Frage zu diskutieren, und beginnen Sie eine weitere Runde nach denselben Regeln.
  9. Diskutieren Sie in der verfügbaren Zeit so viele Fragen wie möglich. Legen Sie eine kurze Pause ein, bevor Sie zur Auswertung übergehen, damit alle Zeit haben, auch innerlich aus der Fishbowl auszusteigen. Dies ist   besonders wichtig, wenn die Diskussion hitzig und kontrovers war.

Nachbereitung und Auswertung

Beginnen Sie mit einer kurzen Umfrage, wie sich die TN in und außerhalb der Fishbowl gefühlt haben.

  • Waren manche Ansichten schockierend oder überraschend? Welche? Warum?
  • Wie aufgeschlossen sind die Leute in Ihrem Umfeld gegenüber Sexualität, sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität?
  • Wird von jungen Menschen erwartet, bestimmten sexuellen Orientierungen und Rollen zu entsprechen? Welchen? Unterscheidet sich das je nach Geschlechtsidentität?
  • Wie werden (junge) Menschen, die sich diesen Erwartungen nicht fügen, wahrgenommen und behandelt?
  • Sind einzelne Gruppen aufgeschlossener als andere? Warum?
  • Wodurch wird die Entwicklung unserer Sexualität geformt?
  • Woher kommen unsere Werte zu Sexualität?
  • Unterscheiden sich die Einstellungen der TN zu Sexualität von denen ihrer Eltern und Großeltern? Wenn ja, wie? Warum?
  • Gibt es hierzulande Gesetze, die freiwillige sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen verbieten? Wenn ja, was ist gesetzlich verboten? Warum gibt es solche Gesetze? Halten die TN sie für sinnvoll?
  • Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ( AEMR) besagt: „Heiratsfähige Männer und Frauen haben ohne jede Beschränkung auf Grund von Rassismus, der Staatsangehörigkeit oder der Religion das Recht, zu heiraten und eine Familie zu gründen.“ Warum enthält die Liste als weiteres Kriterium nicht auch „sexuelle Orientierung“? Sollte diese ebenfalls einbezogen werden? Was ist mit Personen, die sich weder als Mann noch als Frau definieren?
  • Das Menschenrecht auf Respekt und Würde, auf freie Wahl des/der (Lebens-)Partner*in und auf freie Eheschließung kann mit Gesetzen und gesellschaftlichen Traditionen in Konflikt geraten. Wie lassen sich solche Konflikte lösen?

Tipps für die Moderation

Einführung

Berücksichtigen Sie den gesellschaftlichen Kontext, in dem Sie arbeiten, und passen Sie die Übung entsprechend an.
In dieser Aktivität erhalten die TN Gelegenheit, über Sexualität, sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und gesellschaftliche Normen nachzudenken. Sie sollen ermuntert werden, ihre Ansicht selbstbewusst zu äußern und andere Ansichten zu tolerieren. Es geht in der Übung nicht darum, sie von einer bestimmten Ansicht zu überzeugen oder einen Konsens herbeizuführen.

Es wird empfohlen, sich mit den Hintergrundinformationen in Kapitel 5 „Globale Themen im Menschenrechtsschutz“ (PDF, 4,5 MB) - „Gender“ auf diese Aktivität vorzubereiten. Überlegen Sie, was für Themen angesprochen werden könnten. Hier eine Auswahl häufig gestellter Fragen:

  • Was ist Homosexualität?
  • Was bedeutet hetero, schwul, lesbisch und bisexuell?
  • Was bedeutet Inter- und Transgeschlechtlichkeit?
  • Was ist mit geschlechtlicher und sexueller Orientierung gemeint?
  • Wie wird man schwul, lesbisch, heterosexuell?

In welchen Ländern werden gleichgeschlechtliche Lebensweisen akzeptiert, zum Beispiel, indem Schwule und Lesben heiraten können? In welchen Ländern werden sie mit der Todesstrafe bedroht? Wie lässt sich das erklären?

Gehen Sie davon aus, dass auch noch weitere Fragen von den TN kommen, zum Beispiel nach sexuell übertragbaren Krankheiten oder Kindererziehung. Für Sie als Moderator*in ist es wichtig, sich vor Durchführung der Übung über Ihre eigenen Werte und Überzeugungen klarzuwerden, also darüber, was Sie für sich, Ihre Familie und andere richtig finden. Denken Sie daran, dass diese Werte sich in allem widerspiegeln, was Sie tun und sagen, und auch in dem, was Sie nicht tun oder sagen. Entscheidend ist, dass Sie Ihre eigenen Werte und Vorurteile eingestehen und wissen, woher sie kommen, so dass die TN ihrerseits Einsichten über die Herkunft ihrer Werte gewinnen können.

Das Brainstorming über berühmte Menschen, die sich öffentlich über ihre Sexualität geäußert haben, soll die TN dazu bringen, sich für eine Diskussion zu öffnen. Außerdem ist dies eine Gelegenheit, Begriffe wie schwul und lesbisch, homosexuell, heterosexuell, bi-, inter- und transgeschlechtlich zu klären (siehe auch Kapitel 5 „Globale Themen im Menschenrechtsschutz“ (PDF, 4,5 MB) - „Gender“).

Ihre Rolle trägt entscheidend zur Grundstimmung in der Übung bei. Ein guter Einstieg wäre eine Diskussion zwischen zwei Moderierenden. Die erste Person könnte zum Beispiel so anfangen: „Hast du schon gehört? Peter hat verkündet, er sei schwul!“ Die zweite könnte erwidern: „Nein, das hätte ich nie gedacht! Ich meine, er sieht überhaupt nicht so aus.“ Auf diese Weise implizieren Sie, dass Sie sich über einen gemeinsamen Freund und daher auf „konkreter“ Ebene unterhalten und keine theoretische Diskussion führen. Das hilft auch, um eine Diskussion darüber zu beginnen, was die TN über unterschiedliche sexuelle Orientierung wissen und welche Einstellung sie dazu haben.

Es ist zu hoffen, dass jemand aus dem Publikum Sie in der Fishbowl schnell ersetzt, sodass Sie die Diskussion den TN überlassen können. Sie sollen sie jedoch weiter beobachten und sich die Möglichkeit offen halten, noch einmal in die Fishbowl einzusteigen. So können Sie in die Diskussion eingreifen, um ihr eine neue Richtung zu geben und bisher nicht genannte Aspekte in die Diskussion einzubringen. Achten Sie jedoch darauf, dass die Diskussionsregeln eingehalten werden und keine Äußerungen die Würde von Menschen verletzen.

Wenn Sie wollen, können Sie eine Regel einführen, dass eine bestimmte Ansicht nur einmal geäußert werden darf. So lässt sich verhindern, dass sich die Diskussion nur auf wenige Aspekte eines Themas konzentriert und die TN populäre Vorurteile mehrmals wiederholen. Um die Diskussion in eine konstruktive Richtung zu lenken, können Sie auch Fragen stellen, zum Beispiel „Wie können sich Freund*innen, Lehrer*innen und Verbündete gegen Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität engagieren?“

Bei großen Gruppen wird die Zeit nicht reichen, um alle Fragen zu diskutieren. Manche TN sind vielleicht enttäuscht oder frustriert, weil ihre Frage nicht zur Sprache kam. Um dem abzuhelfen, können Sie am Ende der Übung alle Fragen an die Wand pinnen. Dies ist eine Anregung, die Diskussion später in einem anderen Rahmen weiterzuführen.

Varianten

Die Fishbowl-Methode lässt sich an jedes Thema anpassen, zum Beispiel Rassismus, Bildung oder Klimawandel.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Es kann interessant sein, sich anzusehen, wie Sexualität und besonders Homosexualität in den Medien dargestellt werden. Sammeln Sie Bilder aus Zeitungen, Zeitschriften und dem Internet und bitten Sie die TN, Bildunterschriften oder Sprechblasen dazu zu verfassen (siehe dazu auch „Weitere Bilderspiele“ am Ende der Übung „Bilderspiele“).

Die Übung „Bald überholt“ beschäftigt sich damit, wie sich Einstellungen zum Beispiel zu Sex im Laufe der Zeit verändern.

Ideen zum Handeln

Kontaktieren Sie eine Organisation für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Inter- und Transgeschlechtliche Menschen. Laden Sie eine*n Vertreter*in ein, vor der Gruppe zu sprechen. Informieren Sie sich über die Gesetzgebung und recherchieren Sie, wo hierzulande zentrale Probleme hinsichtlich Gleichbehandlung und Rechte liegen.

Weitere Informationen

Die menschliche Sexualität ist ein integraler Bestandteil des Lebens und eines unserer Grundbedürfnisse. Sexualität beeinflusst unsere persönlichen Eigenschaften und unsere Verhaltensweisen – soziale, persönliche, emotionale, psychische –, die in unseren Beziehungen zu anderen sichtbar werden. Unsere Sexualität wird vom Geschlecht und den Gender-Eigenschaften sowie von vielen anderen komplizierten Einflüssen geformt und verändert sich während unseres gesamten Lebens. Mehr zu Geschlecht und Gender finden Sie in Kapitel 5 „Globale Themen im Menschenrechtsschutz“ (PDF, 4,5 MB).

Video: Die Kreativhelden - LGBT* - Queer denken, fühlen, handeln...

Video: WDR Doku - Männlich oder weiblich? Das dritte Geschlecht

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