Übungen

Kifik? How are you? Wie geht’s?

„Wer fremde Sprachen nicht kennt, weiß nichts von seiner eigenen.“

Johann Wolfgang von Goethe 
deutscher Dichter und Naturforscher (1749–1832)

Überblick

Themen
  • Migration
  • Globalisierung
  • Kultur und Sport
Komplexität

Stufe 1

Gruppengröße

6–30 Personen

Zeit

30–45 Minuten

Überblick

In dieser Übung lernen die Teilnehmer_innen einige Wörter in unterschiedlichen Sprachen. Dabei werden sie sensibilisiert für die Sprachenvielfalt in ihrer Gruppe und die Schwierigkeit, Fremdsprachen zu beherrschen. Sie erhalten einführende Informationen über Minderheitenrechte, Minderheitensprachen und Diskriminierungsschutz.

Fokus
  • Das Recht auf Bildung
  • Schutz vor Diskriminierung
  • Recht auf kulturelle Teilhabe
Ziele
  • Sensibilisierung für Sprachenvielfalt
Materialien
  • Flipchart oder Pinnwand mit Markern
  • Stuhlkreis

Durchführung

Anleitung

Alle Teilnehmer*innen (TN) sitzen auf Stühlen im Kreis. In der Mitte steht zunächst die Moderation, später ein TN. Erklären Sie zunächst das Prinzip der Übung: Die Person in der Mitte versucht, die anderen TN in Bewegung zu bringen, um so einen Sitzplatz zu bekommen. Dazu schreibt sie zunächst folgende Frage und Antwortmöglichkeiten auf den Flipchart:

Wie geht es Dir?

  • Gut
  • Es geht
  • Schlecht

Erklären Sie, wann die Plätze zu wechseln sind. Malen Sie dazu eventuell entsprechende Symbole hinter die Antwortmöglichkeiten.

  • Bei „gut“ wechseln alle die Plätze.
  • Bei „es geht“ wechseln die beiden Personen, die neben der angesprochenen Person sitzen, die Plätze. Die angesprochene Person bleibt sitzen.
  • Bei „schlecht“ bleiben alle sitzen.

Das Ziel der Person in der Mitte ist es, einen Sitzplatz zu ergattern, während die anderen die Plätze tauschen. Sie fragt dazu eine bestimmte Person „Wie gehts?“ und je nach deren Antwort versucht sie sich auf einen der freien Stühle zu setzen, so dass eine neue Person in der Mitte übrig bleibt.

  1. Nachdem drei bis vier Runden gespielt wurden und alle die Regeln verstanden haben, bittet die Moderation die in der Mitte stehende Person eine neue Sprache einzuführen, in der von nun an gefragt und geantwortet werden soll. Das kann eine erlernte Fremdsprache sein oder auch eine Sprache, die die Person als Muttersprache spricht oder aus ihrer Familie kennt. Die Frage- und Antwortmöglichkeiten werden in der neuen Sprache auf dem Flipchart ergänzt und die Person in der Mitte erklärt den anderen die Bedeutung und Aussprache. Bei nicht-lateinischen Schriften sollte eine lateinische Umschrift verwendet werden.
  2. In der neuen Sprache wird circa fünf Minuten lang weitergespielt, sodass die TN die Chance bekommen, die Fragen und Antworten öfter zu hören und sich zu merken.
  3. Danach bittet die Moderation erneut eine Person, die gerade in der Mitte steht, eine neue Sprache einzuführen. Wenn die Person keine kennt, kann auch jemand anders freiwillig eine neue Sprache einführen. In dieser Sprache wird wiederum rund fünf Minuten lang gespielt.
  4. Nach circa drei bis fünf neu eingeführten Sprachen setzt meist die erste Erschöpfung ein und es ist Zeit für die Abschlussrunde. Zuvor sollte die Moderation jedoch die TN fragen, ob es eine Sprache gibt, die sie sich noch wünschen und gegebenenfalls auch diese Sprache noch einführen.
  5. Zum Schluss dürfen sich die TN noch einmal selbst auswählen, in welcher der eingeführten Sprachen sie fragen möchten. Die Angesprochenen müssen dann in der gleichen Sprache antworten. Diese Abschlussrunde dauert ebenfalls fünf Minuten.

Nachbereitung und Auswertung

Diskutieren Sie anschließend mit der Gruppe:

  • Was hat die TN bei der Übung überrascht?
  • Welche Sprachen werden von vielen TN gesprochen?
  • Welche Sprachen sind in der Gruppe kaum oder gar nicht vorhanden, obwohl sie global gesehen eine größere Rolle spielen?
  • Welche Sprachen werden zusätzlich an der Schule oder Bildungseinrichtung gesprochen? Welche kaum oder gar nicht, obwohl sie global gesehen eine gewichtige Rolle spielen?
  • Gibt es an der Schule oder Bildungseinrichtung Angebote in verschiedenen (Mutter-)Sprachen?
  • Sind in der Gruppe (Schule oder Bildungseinrichtung) anerkannte Minderheitensprachen vorhanden (siehe Ideen zum Handeln)? Gab es auch TN, die zwar dieselbe Sprache, aber unterschiedliche Dialekte eingeführt haben?
  • Wie schwierig war es, neue Sprachen auszusprechen?
  • Wie reagieren Menschen auf Nicht-Können und Nicht-Verstehen einer Sprache?
  • Was verbinden die TN mit ihren Muttersprachen? Wo haben sie Gelegenheiten sie zu sprechen, zu lesen oder zu hören?
  • Wo finden die TN in ihrem Alltag Gelegenheit, nicht-deutsche Sprachen zu hören und zu lesen? Sind darunter auch kulturelle Angebote?
  • Diskutieren Sie den Auszug aus Artikel 29 der UN-Kinderrechtskonvention: Haben die TN den Eindruck, dass dieses Bildungsziel umgesetzt wird? Was wird schon gut gemacht? Was müsste verbessert werden?

Tipps für die Moderation

Einführung

Die Übung ist besonders geeignet für diverse Gruppen. Eine Grundoffenheit der Gruppe für andere Sprachen und Kulturen ist notwendig, für Gruppen mit offen rassistischen Tendenzen ist die Übung nicht geeignet beziehungsweise mit Vorsicht einzusetzen.

Die Übung eignet sich als „Icebreaker“ und Warm-up, da sie Bewegung, Spaß und eine spielerische Thematisierung von Gefühlslagen ermöglicht. Gleichzeitig erhalten Sprachen und Sprachwissen von TN Anerkennung und Wertschätzung, die sonst wenig beachtet werden. Es finden Rollen- und Perspektivwechsel statt, wenn TN mit oft wenig beachteten Sprachen zu Lehrenden werden und andere TN, die sonst als Angehörige einer Mehrheit selten in dieser Situation sind, Schwierigkeiten haben diese richtig auszusprechen.

Die Sprachen sollten möglichst von den TN selbst kommen. Nehmen Sie ihnen die Erklärung nicht ab und unterstützen oder korrigieren Sie nur auf Nachfrage (wenn Sie die Sprache können). Ermutigen Sie die TN, ihre Muttersprachen einzubringen, wenn diese sich vielleicht nicht trauen, weil sie ihre Sprachen für zu schwierig halten und sie der Gruppe nicht zumuten wollen. Meist kommt der Wunsch, alle vorhandenen Muttersprachen zu hören, aus der Gruppe selbst und ermuntert schüchterne TN. Achten Sie jedoch stets auf Freiwilligkeit und vermeiden Sie kulturalistische Zuschreibungen: Alle können selbst die Sprache wählen, die sie vorstellen möchten. Ein vermeintlicher nationaler Hintergrund sagt nichts über die Sprachkenntnisse und -präferenzen von TN.

Achten Sie darauf, dass niemand wegen seiner Aussprache lächerlich gemacht wird. Wenn sich jemand offensichtlich unwohl in der Mitte fühlt und keine neue Sprache einführen kann oder möchte, ermuntern Sie jemand anderen. Falls sich während des Spiels TN rassistisch über andere Sprachen äußern, unterbinden Sie dies und brechen Sie die Übung wenn nötig ab.

Varianten

Sie können auch die Gebärdensprache einführen. Suchen Sie nach Videos und Übersetzungen zur Frage „Wie gehts?“.

Vorschläge zur Weiterarbeit

Sie können das Papier mit den verschiedenen Übersetzungen im Raum hängen lassen und die Übung zu späteren Gelegenheiten verkürzt als Aufwärmübung benutzen.

Sie können sich weiter über Minderheitenrechte informieren – ein wichtiger Teil dieser Rechte befasst sich mit den Sprachen. Informieren Sie sich zum Beispiel über das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats.

Das Rahmenübereinkommen verankert neben dem Diskriminierungsverbot und gewissen Freiheitsrechten (unter anderem Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit) auch spezifische, für Minderheiten bedeutsame Rechte, die keine entsprechende Parallele in Menschenrechtsverträgen haben. Dies sind zum Beispiel Sprachenrechte oder das Recht auf ungehinderten und friedlichen Kontakt über Grenzen zu Personen mit derselben sprachlichen oder religiösen Identität oder mit demselben kulturellen Erbe.

Zusätzlich zum Rahmenübereinkommen hat der Europarat 1992 auch eine Charta für Regional- oder Minderheitensprachen verabschiedet. Die Charta verpflichtet die Vertragsstaaten, den Gebrauch von Minderheitssprachen im öffentlichen und privaten Leben zu respektieren und aktiv durch Programme im Bereich der Bildung, des Gerichts- und Verwaltungswesens sowie der Presseförderung zu unterstützen.

Vielleicht hat die Gruppe Lust, ihre Sprachkenntnisse insbesondere zu Minderheitensprachen oder auch Gebärdensprache zu erweitern. Angebote dazu finden sie zum Beispiel bei der örtlichen Volkshochschule oder bei Selbstorganisationen von Gebärdensprechenden oder anerkannten Minderheiten vor Ort.

Wenn die Gruppe interessiert ist, mehr über die Kinderrechtskonvention zu erfahren, bietet sich die Übung „Kinderrechte“ an. Eine Beschäftigung mit Eurozentrismus bietet die Übung „Woher kommst Du?“; „Bildung für alle?“ thematisiert die weltweite Umsetzung des Rechts auf Bildung.

Ideen zum Handeln

Laden Sie eine Organisation oder eine Vertretung einer national anerkannten Minderheit ein, um sich über die Verwirklichung ihrer Rechte zu informieren. Dies sind etwa in Deutschland Dän*innen, Fries*innen, Sorb*innen, Sint*ezza und Romn*ija; in der Schweiz zur Zeit die Jenischen und Sint*ezza; in Österreich unter der Bezeichnung „autochthone Volksgruppe“ die burgenlandkroatischen, slowenischen, ungarischen, tschechischen, slowakischen Gruppen sowie Romn*ija. Voraussetzung, um zu einer anerkannten Minderheit zu gehören und entsprechende Schutzrechte zu genießen, ist weiterhin die Staatsbürgerschaft des jeweiligen Landes, also von Deutschland, Österreich beziehungsweise der Schweiz. Recherchieren und diskutieren Sie mit der Gruppe auch, auf welcher Grundlage national anerkannte Minderheiten existieren und in welchem Verhältnis dies zu anderen
eingewanderten nationalen Gruppen steht, etwa zu Menschen, die selbst oder deren Vorfahren aus der Türkei eingewandert sind.

Überlegen Sie anschließend gemeinsam mit der Gruppe, wie die Rechte der nationalen Minderheiten, oder auch Artikel 29 der UN-Kinderrechtskonvention besser verwirklicht werden können. Einigen Sie sich auf sinnvolle und erreichbare Maßnahmen und entwerfen Sie einen Aktionsplan (siehe Kapitel 3 „Aktiv werden für Menschenrechte“ (PDF, 1,1 MB)).

UN-Kinderrechtskonvention, Artikel 29

„Die Vertragsstaaten stimmen darin überein, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss, (…)

c) dem Kind Achtung vor (…) seiner kulturellen Identität, seiner Sprache und seinen kulturellen Werten, den nationalen Werten des Landes, in dem es lebt, und gegebenenfalls des Landes, aus dem es stammt, sowie vor anderen Kulturen als der eigenen zu vermitteln (…).“

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